Partizipation
„Mehr Partizipation“ ist eine populäre Forderung. Die Gefahr liegt in scheindemokratischen Veranstaltungen. Eine Unzahl von Teilhaben: Wahlen für Gemeinderat/Kreistag/Landtag, Bestellung fachkundiger Bürger, Anhörungen, Anregungen, Einsprüche und Sammelklagen … all das führt nicht zu mehr Legitimität. Entweder trifft man immer dieselben Leute, die protestieren, die ewigen Querulanten, „Ich-bin-dagegen“-Opponenten, die „Zeitreichen“. Oder es sind die unmittelbar Betroffenen, die nach dem St. Floriansprinzip ihre Einzelinteressen vertreten.
„Mehr Partizipation“ sollte sich deshalb auf die Mitwirkung der Bürger bei den wirklich wichtigen Weichenstellungen beziehen und nicht auf die ständig im Vordergrund stehenden Genehmigungsverfahren für Großprojekte, die jeder nach dem St. Florians-Prinzip vor seiner Haustür verhindern will. Ziel sollte eine behutsame Erweiterung der direkten Demokratie sein.
Die Mehrheit der Bürger will kompetent, gerecht und effizient regiert werden. Dafür genügen im Regelfall turnusmäßige Wahlen. Es ist immer nur eine kleine Minderheit, die aktiv mitgestalten will. Für die große Mehrheit ist Partizipation kein Selbstzweck. Nur dann, wenn diese Mehrheit sich nicht mehr von der politischen Klasse vertreten fühlt, will sie korrigierend eingreifen können. Und bei wichtigen Weichenstellungen, die nicht bereits in den turnusmäßigen Wahlen zur Entscheidung anstanden, will man gehört werden. Zu mehr hat der Normalbürger weder Zeit noch Lust.
Das Modell der mandativen Demokratie sieht wenige, aber gravierende Anlässe für direktdemokratische Eingriffe des Bürgers vor. Die Regierung wird direkt gewählt. Konsequent ist es deshalb, Neuwahlen abzuhalten, wenn der Kanzler oder insgesamt mindestens drei gewählte Minister vor Ablauf der Wahlperiode aus dem Amt ausscheiden.
Bei der Wahl ist auch ein Regierungsprogramm verkündet worden, das Grundlage für die Wahlentscheidung wurde. Es ist deshalb ebenfalls konsequent, wenn der Bürger eingreifen kann, wenn von diesem Programm in wesentlichen Punkten abgewichen wird. Will die Regierung also wesentlich von ihrem Regierungsprogramm abweichen, sollte sie von sich aus die entsprechende Entscheidung zum Gegenstand eines Referendums machen. Nur so bleibt die Rolle des Volkes als Souverän gewahrt.
Sind nur die Bürger der Meinung, die Regierung weiche wesentlich von ihrem Regierungsprogramm ab, besteht die Möglichkeit zum Volksbegehren und anschließenden Volksentscheid.
Zur Mitwirkung bei der politischen Meinungsbildung des Volkes wird ein Bürgerforum gebildet. Es berät öffentlich über Grundfragen der Politik. Seine Mitglieder können Empfehlungen veröffentlichen. Das Bürgerforum hat keine Entscheidungsbefugnis.
Abstimmungen unterbleiben. Ein Teil der Mitglieder des Bürgerforums wird von NGOs gewählt, der andere Teil vom Bürgerforum kooptiert. Im übrigen gehören dem Bürgerforum die vorangegangene Regierung, die bei der letzten Wahl unterlegene Regierung sowie alle Alt-Bundespräsidenten an.
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Am 22. April 2012 um 20:42 Uhr
Sie sprechen mir direkt aus der Seele. Die Politik von heute schreit förmlich zum Himmel. Ich möchte nicht wissen wie die Welt morgen aussieht! Es ist verständlich, wenn die Wahlbeteiligung immer weiter abwärts tendiert und radikale Organisationen in die Rathäuser und Parlamente einzieht. Auf jeden Fall ist Ihr Buch ein Hammer und wurde von uns mit großem Interesse gelesen.